„Der Handel war immer dann am stärksten, wenn er seine Interessen vereint vertreten hat. Einzelhandel darf nicht einzeln handeln. Die Politik muss gemeinsam mit einer Stimme zum Handeln aufgefordert werden. Unser Handelsverband bündelt dabei auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene die Interessen unserer Branche und vertritt unseren mittelständisch geprägten Handel mit einheitlicher Stimme.“ Joachim Otto, Präsident des Handelsverbandes Sachsen e. V.
„Der Handelsverband Sachsen vereint weit über eintausend sächsische Handelsunternehmen unter seinem Dach. Als legitimiertes Sprachrohr der Branche mischen wir uns mit unserem Ehren- und Hauptamt ein, streiten auf unterschiedlichsten Ebenen intensiv für bessere Verhältnisse und Rahmenbedingungen für den Einzelhandel und machen mit starker Stimme auf die Themen und Anliegen des Einzelhandels aufmerksam.“ René Glaser, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Sachsen e. V.
Anlässlich des Wirtschaftspolitischen Empfangs des Handelsverbandes Sachsen (HVS) im Sächsischen Landtag hat der Verband die Ergebnisse einer aktuellen Konjunkturumfrage unter über 1.000 befragten sächsischen kleinen und mittelständischen Einzelhandelsunternehmen (KMU) veröffentlicht.
Danach beurteilen nur knapp ein Viertel der KMU im Einzelhandel ihre aktuelle Geschäftslage als gut, etwa drei von vier Unternehmen sehen sich hingegen mit einer lediglich befriedigenden (39 Prozent) oder schlechten Geschäftslage (38 Prozent) konfrontiert.
Bei mehr als 50 Prozent der Händler haben sich die Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rückläufig entwickelt, nur 16 Prozent konstatieren eine positive Umsatzentwicklung. Allerdings schätzt fast jedes zweite Unternehmen die Ertragslage in Folge des hohen Kostendrucks als schlecht ein, nur jedes zehnte Unternehmen beurteilt seine Ertragslage als gut. Fast 60 Prozent der Händler planen in den kommenden 6 Monaten daher auch keine Personalerhöhungen, jedes dritte Unternehmen plant sogar einen Personalabbau.
Eines der drängenden Probleme des stationären Handels ist und bleibt darüber hinaus die sinkende Kundenfrequenz. Fast 70 Prozent der Händler mit stationärem Geschäft kämpfen weiterhin mit sinkenden oder deutlich gesunkenen Kundefrequenzen.
Wenig optimistisch sind auch die Erwartungen. Beinahe jedes zweite Unternehmen erwartet eine weitere Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Situation, weniger als 20 Prozent erwarten eine Lageverbesserung. Risiken sehen die Unternehmen vor allem in der anhaltenden Kaufzurückhaltung, aber auch bei hohen und steigenden Arbeitskosten sowie dem Mindestlohn und ferner hohen Energie- und Rohstoffkosten. Auch Bürokratie und überbordende Berichtspflichten werden überproportional häufig als Risikofaktoren genannt.
Der Handelsverband Sachsen sieht in Anbetracht der Ergebnisse der Umfrage deutlichen Handlungsbedarf. Hohe Kosten und Abgaben, anhaltende Krisen, eine äußerst fragile Inflationssituation und vor allem fehlende Planungssicherheit gepaart mit einer großen Unsicherheit im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung hemmen den Konsum und führen zu anhaltender Kaufzurückhaltung.
„Notwendig sind daher in erster Linie Entlastungen der Bürger und Unternehmen, Freiräume für unternehmerische Entscheidungen und eine aus einer verlässlichen Politik heraus resultierende Zuversicht“, so René Glaser, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Sachsen.
Auch im Rahmen des Wirtschaftspolitischen Empfangs des HVS, zu dem erneut weit über 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit begrüßt werden konnten, wurden aktuelle Themen, die die Branche gegenwärtig zum Teil erheblich beeinträchtigen, angesprochen und direkt von Einzelhandelsunternehmern adressiert – darunter unter anderem Prof. Dr. Timm Homann (CEO der EHG GmbH & Co. KG, der Holding der Ernsting's family-Unternehmensgruppe) und der erfolgreiche regionale REWE-Kaufmann Björn Keyser.
Dabei ging es unter anderem um die Themen Wirtschafts- und Investitionsförderung, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Förderung der Innenstädte.
„Ich sehe aktuell und trotz der Bekräftigungen im Koalitionsvertrag noch nicht, dass die neue Landesregierung die Wirtschaftsförderung und den Einzelhandel klar im Blick hat. Unzweifelhaft stehen wir vor großen Herausforderungen, die angegangen werden müssen und mutige Entscheidungen erfordern. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in der Branche bedarf es der Unterstützung der Einzelhandelsunternehmen, beispielsweise in Form niedrigschwelliger Förder- und Finanzierungsprogramme für das oft zitierte Rückgrat unserer sächsischen Wirtschaft, den Mittelstand. Stattdessen stehen erfolgreiche und etablierte Programme wie das >Regionale Wachstum< oder die >Richtlinie Beratungsförderung< auf der Streichliste der Landesregierung. Andererseits werden neue Belastungen für Arbeitgeber, wie zusätzliche gesetzliche Freistellungsansprüche für Arbeitnehmer, geplant. Statt neuer Regulierungen braucht es jetzt jedoch gezielter Impulse für Unternehmenssicherung, Investitionen und Beschäftigung“, so Glaser weiter.
Auch beim Thema Sicherheit und Ordnung, so die einmütige Botschaft der Unternehmen, müssen dringend Reformen angegangen werden. Allein der weiter zunehmende Ladendiebstahl verursacht im sächsischen Einzelhandel jährlich einen wirtschaftlichen Schaden, der in die Millionen geht und die ohnehin geschwächten Unternehmen zusätzlich immens belastet. Durch eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen muss endlich eine konsequente Verfolgung und Ahndung der Diebstahlsdelikte gewährleistet und signalisiert werden, dass der Staat geltendes Recht durchsetzt und das Eigentum schützt. Staatsanwaltschaften und Gerichte sollten bei Ladendiebstählen beispielsweise nur in Ausnahmefällen auf die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung zurückgreifen und Taten stattdessen konsequent verfolgen und sanktionieren – die aktuelle Einstellungspraxis führt vielmehr zu einer hohen Frus-tration im Einzelhandel und damit zu weniger Anzeigen sowie zu einer nachlassenden Präventionswirkung.
Zahlreiche Unternehmen im Einzelhandel spüren überdies noch die Folgen der während der Corona-Pandemie verhängten Zwangsschließungen und dadurch benötigten zusätzlichen Kreditmittel. Bis heute und oft weit über das Jahr 2030 hinaus muss dieses zusätzliche Kapital zurückgeführt werden, was den Unternehmen in der aktuell herausfordernden Lage und neben der enorm gestiegenen Kostenlast erheblich Liquidität nimmt und zu einer weiteren Schwächung der Betriebe führt. Hier muss sich die Politik für erträgliche und existenzsichere Lösungen einsetzen.
Zudem sieht der Verband viele Innenstädte in besorgniserregender Schieflage. Sie garantieren durch die Versorgungsdichte und -qualität des Handelsangebots grundsätzlich aber den Großteil der Versorgung der Bevölkerung mit Waren aller Art. In Bezug auf die optimale funktionelle Mischung, die städtebauliche Qualität, die Erreichbarkeit mit allen Verkehrsträgern und eine hohe Aufenthaltsqualität bestehen derzeit jedoch in vielen Innenstädten Defizite.
Deshalb muss die Stabilisierung und Ertüchtigung des Handelsstandortes Innenstadt ganz oben auf der Prioritätenliste stehen – hier geht es um ein klares Bekenntnis zur Vitalisierung der Innenstädte und um Förderung, Mobilisierung von privatem Kapital und zielgerichteten Maßnahmen für bessere Rahmenbedingungen. Ansonsten droht vielerorts der (weitere) Verfall vitaler Stadtzentren und damit der Verlust eines Stücks Heimat.