Herr Tromp, der HDE und Safaric Consulting haben Händlerinnen und Händler befragt, wie es in ihren Unternehmen um die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) bestellt ist. Wo steht die Branche?
Der Handel will KI, das zeigt unsere Studie in ihrer vierten Auflage seit 2020 ganz klar. Die Handelsunternehmen in Deutschland erkennen das strategische Potenzial von KI und immer mehr setzen die Technologie ein. Die Ergebnisse weisen aber auch darauf hin, dass die Branche verlässliche Strukturen braucht, um die Anwendungen in der breiten Masse voranzubringen. Für den Mittelstand ist entscheidend, dass sinnvolle Anwendungsbeispiele zur Verfügung stehen und unnötige regulatorische Hürden vermieden werden. Nur so kann die Innovationskraft der Unternehmen gestärkt und voll ausgeschöpft werden.
In welchen Bereichen wird KI bereits im Handel eingesetzt?
Die Mehrheit der befragten Händlerinnen und Händler setzt die Technologie bislang lediglich als isolierte Lösung in einzelnen Anwendungsfeldern wie Marketing oder IT ein. Unternehmensweite, strategisch verankerte KI-Projekte sind noch die Ausnahme. Das haben wir uns genauer angeschaut, in der Studie wurde der KI-Reifegrad im Handel erstmals systematisch gemessen. Dabei kam heraus, dass sich mehr als die Hälfte der Befragten aktuell auf den Stufen zwei bis drei des neuen KI-Reifegradmodells bewegt. Das entspricht einem niedrigen bis mittleren Entwicklungsstand. Auch wenn der niedrigschwellige Zugang zu generativer KI die Akzeptanz von KI als Schlüsseltechnologie deutlich vergrößert hat, braucht es finanzielle Ressourcen, Expertise und eine gute Datengrundlage, um KI-Projekte erfolgreich umsetzen zu können. Daran hapert es häufig.
Werden kleinere Handelsunternehmen abgehängt?
Das darf und muss auch nicht so kommen. Es lässt sich aber beobachten, dass zwischen kleinen und großen Handelsunternehmen eine stetig wachsende Lücke bei Einsatz und Planung von KI klafft. 90 Prozent der befragten Unternehmen mit einem Nettoumsatz zwischen 50 Millionen und einer Milliarde Euro haben KI-Projekte bereits umgesetzt oder sind aktuell in der Planung. Die gleiche Aussage treffen 86,4 Prozent der Unternehmen mit über einer Milliarde Euro Nettoumsatz. Kleinere Unternehmen mit einem Umsatz von unter 50 Millionen Euro sind hingegen weit abgeschlagen: Hier liegt der Anteil bei nur 46,9 Prozent. Vorteilhaft aus Sicht von KMU ist, dass Cloud-Dienste und Standardlösungen weiterentwickelt werden, die eine schnellere und kosteneffizientere Umsetzung von KI-Projekten bei gleichzeitigem Zugriff auf externe Expertise ermöglichen. Das Mittelstand-Digital Zentrum Handel wird sich ab dem 1. August schwerpunktmäßig mit dem Thema KI-Readiness beschäftigen und gerade mittelständischen Unternehmen helfen, sich auf den Einsatz von KI vorzubereiten. Hier unterstützt der HDE mit seinen Partnern im Konsortium sehr praktisch den mittelständischen Handel.
Quelle: Retail Weekly I 17.04.2025