So gewinnen wir Mitmenschen, lange mit uns zusammenzuarbeiten
2018 war für mich ein Jahr, das mir die Augen geöffnet hat. Unser Unternehmen war im vierten Jahr am Standort und verzeichnete sehr gute Kunden- und Umsatzentwicklung. Obwohl wir sehr zufriedene Kundinnen und Kunden hatten, die unser Sortiment, die Serviceleistungen und die Freundlichkeit immer wieder lobten, stand ich vor einem großen Problem: Die ständige Suche nach neuem Personal. War es anfangs überdeckt von Neueinstellungen durch Mehrumsatz – wurde mir klar, dass wir ein Problem mit der Mitarbeiterbindung hatten. Die Fluktuation lag bei 30 bis 50 % in jedem Jahr, auch im vierten nach der Eröffnung. Die Suche nach neuen Mitarbeitenden wurde immer schwieriger.
Die Arbeitsmarkt-Prognosen für unseren Landkreis waren und sind dramatisch: Der Geburtenknick nach der Wende führt dazu, dass in den nächsten 30 Jahren per Saldo mehr Menschen in Rente gehen als nach der Ausbildung in den Arbeitsmarkt eintreten. Die absolute Zahl der arbeitsfähigen Menschen wird in Radebeul um ca. 40 % in den nächsten Jahren sinken – bei vermutlich gleichbleibender Einwohnerzahl.
Der Auftrag war klar: Wie schaffen wir es, dass sich Interessenten eher bei uns als bei anderen bewerben? Waren in den Startjahren für uns die Kundinnen und Kunden im absoluten Fokus, war es 2018 an der Zeit, sich mit der gleichen Intensität um die Mitarbeitenden zu kümmern. Begonnen haben wir mit Strategiebesprechungen im Führungskreis – gefolgt von Workshops mit Mitarbeitenden aus den verschiedenen Alters- und Zugehörigkeitsgruppen. Erstaunlich war für mich, dass das Thema Mitarbeiterbindung zu so vielen Ideen geführt hat. Vieles haben wir schon umgesetzt – aber es gibt immer noch einen Ideenpool, auf den wir bei unseren Strategiebesprechungen immer wieder zurückgreifen können. Denn inzwischen ist aus der einmaligen Aktion ein regelmäßiges Beschäftigen mit diesem wichtigen Thema geworden.
Erstaunlich ist, dass es nicht immer die großen teuren Dinge sind: Natürlich haben wir uns mit dem Thema Vergütung beschäftigt – und auch dort gute Ideen gefunden. Zum Beispiel gibt es eine Vielzahl von Zusatzleistungen, die wir steuerlich sinnvoll den Mitarbeitenden anbieten können: Beispielsweise Essenzuschüsse, die kostenlose Bereitstellung von Arbeitskleidung und -schuhen bis hin zur Übernahme von Kita-Gebühren. Es gibt aber auch viele kleine Dinge – die alltäglichen Aufmerksamkeiten –, die man in den Betriebsalltag einbauen kann. Bei uns gratulieren wir neben dem Geburtstag auch zum 1-, 2-, 3-jährigen Betriebsjubiläum. Für alle 5er-Schritte gibt es separate Jahresveranstaltungen, wo dann nur die Jubilare zusammenkommen.
Für das Recruiting ziehen wir inzwischen viele Register – vor allem die vielen kostenfreien Angebote für Ausbildungsmessen, Tag der offenen Unternehmen, Jobbörsen usw. Auch bei Neueinstellungen überlassen wir inzwischen nur noch wenig dem Zufall: Nach der Schnupperstunde entscheiden die künftigen Kollegen mit, ob wir den Interessenten eine Zusage geben. Für den ersten Tag gibt es klare Abläufe und hier werden bereits die ersten vier Gesprächstermine im ersten Quartal mit der Unternehmensleitung abgestimmt.
Aus unserem Ideenpool gibt es aber auch ein paar kleine nette Sachen, die allen Spaß machen: So gibt es jedes Jahr einen weihnachtlichen Malwettbewerb unter Mitarbeiterkindern – das prämierte Bild wird als Weihnachtsgrußkarte dann für alle verwendet. Ein weiteres Beispiel: Da wir unsere Weihnachtsfeier bewusst in den stressfreien Oktober gelegt haben, gibt es ein Zusatzevent am 3. Dezemberfreitag – hier bringen sich die Mitarbeitenden gegenseitig ihre Leckereien zum traditionellen Weihnachtsbrunch mit und wir schaffen es so, ein wenig mehr Gelassenheit und Freude in die anstrengende Weihnachtszeit zu bringen.
Ich glaube, es kommt nicht so sehr auf einzelne Maßnahmen an – es ist immer das große Ganze, die Vielzahl der Aufmerksamkeiten, die wir unseren Mitmenschen schenken. In unserem Unternehmen haben wir bei den Festangestellten nach der Probezeit kaum noch Fluktuation zu verzeichnen. Die Suche bleibt weiterhin anspruchsvoll, aber wir müssen inzwischen nicht mehr laufend Lücken schließen. Und das bringt uns die Zeit zurück, die wir nun für unsere Kollegen gewinnbringend einsetzen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie nicht so viele schmerzhafte Lehrjahre wie ich brauchen: Dass Sie immer genügend Zeit finden, sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern.
ERFOLGSFAKTOREN:
1. Mit allen Beteiligten einen Ideenpool anlegen.
2. Nach und nach verschiedene Maßnahmen in den Alltag integrieren.
3. Am Ende entscheidet das große Ganze: die Summe der Aufmerksamkeiten schafft letztlich die Mitarbeiterbindung.
Autor:
Björn Keyser
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