Dem Mutigen gehört die Welt

Dieser Text ist ein Anfang ohne Ende, ein Fass ohne Boden. Er wirft Fragen auf, gibt aber keine Antworten (dafür ist er zu kurz). Insofern ist er unbefriedigend, aber notwendig. Im Hintergrund steht die Frage, „Was tun, um erfolgreich zu sein?“. Erfolg soll hier heißen: Überleben des eigenen Unternehmens.

Gleich vorweg: Erfolg ist ein multifaktorielles Phänomen. Soll heißen: Es gibt nicht den einen, den ultimativen Erfolgsfaktor, sonst wären alle Unternehmen ja vollständig gleich gestaltet, ununterscheidbar. Obwohl …!? Unternehmerischer Erfolg fußt auf zwei Fähigkeiten: Aktion und Reaktion. Beide sind das, was man Komplementäre nennt. Das Schlüsselwort ist „und“. Dazu gleich mehr. Zuvor eine kurze Erklärung. Aktion beruht auf Innovation. Innovation auf Idee, Versuch (und Irrtum) und Diffusion (Ausbreitung); erst alle drei machen die Innovation aus. Nebenbei: Disruption ist kein(!) plötzliches Geschehen, vielmehr ein langer Prozess (Amazon hat Jahrzehnte benötigt, um seine jetzige Marktstellung zu realisieren). Disruption ist „Zeitlupe“, nicht „Zeitraffer“. Reaktion fußt auf „strategischen Ressourcen“, Erfolgspotentialen: Dingen, die das Potential bergen, erfolgreich zu machen, jedoch nicht die Garantie dafür gewähren. Erst der pfiffige Einsatz von Erfolgspotentialen sorgt für Erfolg. Dafür braucht es gutes Management. Gutes Management ist eine Melange aus Vision, Erfahrung und Wissen. Jetzt wieder zu dem Wörtchen „und“. Marktanpassung allein – Reaktion – ist dann unzureichend, wenn die Umstände sich zu schnell wandeln. Man ist dann im fortlaufenden „Alarmmodus“, Getriebener der Umstände. Aktion alleine – die Konzentration nach innen, auf die Erfolgspotentiale – ist unzureichend, weil die Umgebung unberücksichtigt bleibt. Also: Was tun im Angesicht gewaltiger Umbrüche, wie demografischer Wandel (alt, jung, „omnikulturell“), technologische Entwicklungen („Überall-Handel“, Daten, Smart), Werteumbrüche? Ist effizienzorientierter Preiswettbewerb die beste Antwort für „kleinteiligen Handel“? Eher nicht. Man kann auch hocheffizient am Markt vorbeiarbeiten und scheitern. Händler sollten an ihrem „akquisitorischen Potential“ arbeiten, einem Zustand, in dem sie sich vom „Effizienzpreis“ emanzipieren können. Wenigstens Güter mit „Sucheigenschaften“, die vor dem Kauf und nach dem Kauf überprüfbar sind, laufen Gefahr, künftig mehr und mehr im „Netz“ verkauft zu werden. Daneben gibt es die mit „Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften“. Die einen müssen ausprobiert werden, um sie beurteilen zu können, und die anderen können weder vor dem Kauf noch danach beurteilt werden. Die letzten beiden bieten hohes Potential (zur Erinnerung: keine Garantie). Und sie bergen Chancen auch für kleinere Händler, die Individualität, Exklusivität, Authentizität, Atmosphäre bieten. Warum sollte ein innerstädtischer Flaneur es in Kauf nehmen, sich durch 30er-Zonen in die Innenstadt zu quälen, dort mühselig einen 20min-getakteten Parkplatz zu suchen, um sich durch lärmende, baumlose Betonzonen zu quälen und dann in ewig gleichförmigen, lagerhallenartigen Geschäften mit ewig gleichen Gewinnspielen, Kinderschminken, Sonderangeboten, abgestimmter Musik und Gerüchen und Malls mit „Victor-Gruen-Effekten“ wiederzufinden. Es gibt Geschäfte, die noch nach Jahrzehnten regelrechte Erinnerungsorte sind – für den Autor, in einer anderen Stadt: z.B Frömert, Bamberg, Tante Emma, Rolltreppe, Gummi-Bieder, Lippert’sche.

”Erst der pfiffige Einsatz von Erfolgspotentialen sorgt für Erfolg. Dafür braucht es gutes Management.

 

ERFOLGSFAKTOREN:

1. Die Konzentration auf eine konkrete Zielgruppe und deren individuelle Bedürfnisse sind Grundlage der Strategieentwicklung.
2. Ganzheitlich denken: kann ich mehr verkaufen als „nur“ ein Produkt oder eine Leistung? Kann es auch ein Lebensgefühl sein?
3. Kreativ werden: jeder kann sie finden, die gute Idee, die genau zu ihm passt. Im Zweifel nicht vor externer Hilfe zurückschrecken.

Nicht eins hat dem anderen auch nur ansatzweise geähnelt. Abgesehen von der Tätigkeit. Das waren eine Drogerie, ein Gemüsegeschäft, ein „Irgendwie-Alles-Geschäft“ mit gewaltigen Bon-Bon-Gläsern auf dem Verkaufstresen, ein Kaufhaus mit Rolltreppe, ein Spielwaren-Geschäft, eine uralte, palastartige Buchhandlung. Jedes „Store-Concept“ würde verblassen. Man hat sich dort gern(!) aufgehalten. Je länger desto besser. In der Drogerie und beim Gemüsehändler gab es neben den Produkten gute Gespräche. Es gibt solche Geschäfte noch hier und da, zu denen Kunden kilometerlange Anfahrten auf sich nehmen. Die „Ländlichen Kaffeestuben“ in Limlingerode bei Nordhausen, ein Kunst- und Auktionshaus in Quedlinburg, die Schmilk’sche Mühle in Schmilka vielleicht. Und, und, und. Das kann kein Online-Händler bieten. Insbesondere die kleinen, bedrohten Händler: Suchen Sie solche Orte. Durchdenken Sie deren Geschäftsmodelle. Was macht sie so unverwechselbar, so einmalig; einmalig aus Kundenperspektive? Effizienz …? Vielleicht sollte man die Effizienz den Großen überlassen. Und den „Onlinern“.

ERFOLGSFAKTOREN:

1. Individualität & Exklusivität
2. Authentizität
3. Atmosphäre

Prof. Dr. rer. pol. Thomas Grassmann

Autor:

Prof. Dr. rer. pol. Thomas Grassmann
Staatliche Studienakademie Dresden
Studiengangsleiter Betriebswirtschaft
Studienrichtungsleiter Handel /
Studienrichtungsleiter Industrie (komm.)
Hans-Grundig-Straße 25, 01307 Dresden
Tel.: 0351 - 44722611
E-Mail: Thomas.Grassmann@ba-sachsen.de
www.ba-dresden.de
www.studieren-im-markt.de

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